Ein Samstag in Amerika

Die Ohropaxgeschichte ist voll aufgegangen und da meine Ruhe nur von meiner eigenen Atmung gestört wird, was aber durchaus etwas meditatives hat, habe ich zehn Stunden gepennt. Das heißt nicht, dass ich den Tag verschlafen habe, sondern nur, dass ich um acht Uhr vor Müdigkeit die Augen nicht mehr offen halten konnte. Nun also Samstag morgen. Es heißt husch, husch- ich habe einen Termin. Oder besser eine Eintrittskarte, die an eine Uhrzeit gebunden ist. 10.30am, 9/11 Memorial Museum. Vorher hatte ich genug Zeit dem Kaffee im YMCA mal eine Chance zu geben. Der ist erstaunlich gut. Also richtig gut, dazu ein Teilchen und ein Sandwich und ab. Ohne mein Mobiltelefon bin ich verloren! Mit meinem Mobiltelefon bin ich die Herrscherin über die gesamte Stadt. Also eine Internetverbindung vorausgesetzt. Es ist zwar noch früh, aber ich fahre schon mal in den Süden. Die Straßen sind noch leer. Ich spaziere durch sie hindurch voller Dankbarkeit. Ich bekam ein Geschenk- eine winzige pozellanerne Wünschelrute. Winzig klein. „Make a wish“ steht auf dem kleinen Säckchen ihrer Herberge. Ich habe wie verrrückt gewünscht und das Ergebnis ist: KEIN REGEN. Das Ding ist brillant. Um neun Uhr stehe ich vor der Tür des Museums und frage, ob ich schon rein kann. Ich darf. Sicherheitskontrolle, Rucksack abgeben. Das Museum ist unterirdisch und die Räume bilden Teile des Fundements an denen einst die mächtigen Twintower gestanden haben. Kürzlich wurde die Fahne gefunden, die am Abend des 11.09.2001 auf dem Haufen von Schutt und Asche von der Feuerwehr gehisst wurde. Das ist das erste Ausstellungsstück. Angefangen von Bildern vor dem 11. September um 8.46 Uhr und dann im Minutentakt wird das Geschehene in Ton, Bildern Filmen, Erzählungen und Dunkelheit abgebildet. Sehr still und sehr bedrückend. So ziemlich jeder Mensch in dieser Ausstellung weint. Überall Tschentücherspender. Allen Verschwörungtheoretikerinnen- und Theoretikern zum trotz- diese Ausstellung zeigt, wie die Menschen dieses Ereignis zu bewältigen versuchen. Immer noch. Ich gehe da raus und bin am Ende. Schlendere in den Souvenirshop und habe dort mein erstes Gespräch das menr als drei Sätze hat. Ein Mann fragt mich woher ich komme. Ich sage Germany. Er fragt von wo in Germany. Ich sage Hannover. Er sagt er kennt da wen, der den tollsten Stand auf dem Weihnachtsmarkt hat. Aha. Awesome. Gefreut habe ich mich über ein Buch, welches alle Hunde portraitiert, die mit dem 11. September in Verbindung stehen. Egal ob Leichenspürhund oder Therapiehund. Sehr schön. Draußen hole ich erst mal Luft. Ja was mache ich denn jetzt? Ich fahre mit der Metro bis zum Fuße der Mutter aller Brücken. Beim letzten Mal von Brooklyn aus in Richtung Manhattan, heute anders rum. Es ist großartig. Ich habe auch zwei Aufträge hier, die beide sicher nicht gewünscht und legal sind. Deshalb lächele ich auch etwas grenzdebil als ich an der Polizei, die auf der Brücke patrouilliert, vorbei gehe. Ich suche nach dem passenden Plätzchen und drapiere das kleine Schlösschen, das ich zu Hause graviert habe. Ole & Apu steht drauf. Ist ja klar. I love you ❤️️ Ein neuer Trend ist allerdings die Brücke mit den tausenden und abertausenden von Kopfhörern zu zieren, die man bei jeder Doppeldeckertour bekommt, um den Erzählungen des Guides zu lauschen. „Woran erkennt man einen Starbucks? An den erhöhten Preisen und der Schlange vor der einzigen Toilette“. Dann klebe ich noch einen Aufkleber auf die Brücke. So. Irgendwann kommt einer und macht alles wieder ab und neue Schlösser, Kopfhörer und Trends kommen oder es wird schlicht verboten. Das fände ich allerdings schade. Spazieren auf den Brooklyn Hights, eine Promenade entlang des Eastriver mit Blick auf Manhattan. Sehr schön. Ein Blick über die andere Schulter lohnt genau so. Was für Häuser! Brooklyn ist wundervoll und ich erwarte an jeder Ecke Bill Cosby zu treffen. Auf einem mal stehe ich in einem Straßenfest, veranstaltet von Nachbarn mit Flohmarkt und Kaffee und Kuchen und Kinderschminken. Ich habe meine erste Unterhaltung mit mehr als fünf Sätzen. Und dann auch noch by myself angefangen. Ein Mann steht dort mit einem Xolo. Nein, man muss nicht wissen was das ist. Es handelt sich um einen mexikanischen Nackthund. Ich hatte bis dahin noch nie einen gesehen. Can i touch your dog? Ich can. Krass wie er sich anfühlt. Irgendwie kalt und glatt. Einkehr im Brooklyn Hights Cafe. Eier auf Toast gehabt. Gekochte Eier, aber nicht mit Pelle gekocht. Wie heißt das noch? Pochiert? Lecker, mit Bratkartoffeln. Weiter spaziert. Dieses Brooklyn ist wahnsinnig cool und alle haben einen Hund. Mein Hop on/Hop of Ticket hat eine Tour durch Brooklyn und ich entscheide eine Haltestelle aufzusuchen. Gibt nur hier keine. Also gurke ich erst wieder nach Manhattan und als ich da ankomme, fährt kein Bus mehr rüber. Hm. Im südlichen Zipfel Manhattans ist der Battery Park. Von dort fahren die Fähren zur Lady Liberty und nach Staten Island. Das habe ich mir auch vorgenommen aber nicht heute. Mir tun die Füße weh und es ist schon etwas spät für Bötchen fahren. Ich wieder Hop on schön im Bus oben ohne Regen. Toll. Bummeln im Getümmel. Einen Pub besucht. Zu guter Letzt wollte ich noch einen kleinen Imbiss einholen und ein Getränk zur Nacht. Als ich sehe, dass mir zahlreiche Leute mit der gleichen Einkaufstüte entgegenkommen, spüre ich den Anfängen nach. Hinein in ein riesiges Einkaufszentrum und mit der Rolltreppe ab in den Keller. Schon auf dem Weg nach unten klappt mir der Unterkiefer runter und ich höre mich sagen „So was habe noch nicht gesehen“ Ich hatte recht. Ein Supermarkt so groß wie Real in Hemmingen, so voll wie Heilig Abend am Vormittag. Der Laden heißt Whole Foods, bei uns würde man wohl Bioladen dazu sagen. Kein Nestle, kein Unilever, kein Dreck. Ausschließlich Produkte, die ich noch nie gesehen habe. Eine riesige Abteilung, in der man gekochtes kauft, abzupacken in Pappkartons. Hinter der Kasse Sitzbereiche, in denen man das dann auch gleich essen kann. Suche mir frisches Sushi, ein Brötchen für morgens und Bier aus. Alles hier ist groß. Eine Wand voller Cerealien für Müsli. So viel Müsli. Hier kauft also der bewusste New Yorker ein. An der Kasse kriege ich Schweiß. Keine Ahnung wie das funktioniert also beobachte ich erst wieder. Acht Schlangen. Drei Farben: gelb, blau, grün. 40 Kassen. Ich bin grün und warte in der Schlange bis ich vorne stehe und dann wird angezeigt zu welcher Kasse ich gehen soll. Und das lustige ist… das funktioniert. Crazy. Dieses Shoppingerlebnis rundet meinen Tag ab, ich gehe mit meinen Papiertüten, wie die anderen auch, „nach Hause“. Meine Fahrstuhlbegleitung hat frei. Ich bitte einen Herren mich zu begleiten. Hat etwas sparsam geguckt der Herr. Kann an meiner Formulierung gelegen haben, aber er ist mir mir hoch. Ganz alleine traue ich mich nicht. Sushi ist super. Klar, ist ja von Whole Foods. Wann immer ich den Fernseher anmache läuft entweder Two and a half Man oder The big bang Theory. Auch gut. Danach Ohropax und good night Amerika.

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